Ivo arbeitet als ambulante Palliativpflegerin. Täglich fährt sie in unterschiedliche Haushalte. Zu Familien, Eheleuten und Alleinstehenden. In kleine Wohnungen und große Häuser. In immer verschiedenes Leben und Sterben, in immer verschiedenen Umgang mit der Zeit, die bleibt. Zuhause haben sich ihre pubertierende Tochter und ihr Hund wegen Ivos Arbeitszeiten längst selbstständig gemacht. Von früh bis spät ist Ivo in ihrem alten Skoda unterwegs, die Freisprechanlage stets in Betrieb. Das Auto ist ihr zum persönlichen Lebensraum geworden, hier nimmt sie ihre Mahlzeiten zu sich, arbeitet, singt, flucht und träumt.
Eine ihrer Patientinnen, Solveigh, war schon vor ihrer Erkrankung eine enge Freundin. Auch zu Solveighs Mann Franz hat Ivo eine enge Beziehung. Tag für Tag arbeiten sie bei der Pflege von Solveigh zusammen. Und sie schlafen miteinander. Solveighs Kräfte schwinden, bald ist sie bei den einfachsten Verrichtungen auf fremde Hilfe angewiesen. Die letzte Entscheidung will sie alleine treffen, Franz soll nichts davon erfahren. Sie bittet Ivo, ihr beim Sterben zu helfen.
Mit ihrem zweiten Spielfilm gelingt Eva Trobisch ein veritables Wunder. Mit größter Selbstverständlichkeit und Lebendigkeit erzählt „Ivo“ voller Respekt und tiefer, unsentimentaler Anteilnahme von einer Lebenswelt, die den Tod immer vor Augen hat. Von den Menschen, die helfen, die Zeit, die bleibt, mit Leben zu erfüllen, und dabei ihr eigenes Leben meistern müssen. Von Momenten des Schmerzes und des Glücks, vom Fließen und Stillstehen der Zeit. Von der Menschlichkeit im Angesicht des Abschieds. Grandios gefilmt von Adrian Campean, immer auf Augenhöhe mit denen, für die es um alles geht. Getragen von einem wunderbaren Ensemble, ist Minna Wündrich als Ivo in ihrer ersten großen Kinorolle das mitreißende Kraftzentrum des Films, fokussiert, lebenshungrig, empathisch, chaotisch, leidenschaftlich. Wie das Leben selbst.
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Beste Schauspielerin
Minna Wündrich
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Bester Film
Heiner-Carow-Preis 2024
Berlinale 2024
DIE WIRKLICHKEIT DER FIKTION
Dr. Johann Campean über „IVO“
"Eva Trobisch hat mich durch meinen Sohn Adrian vor etwa 2 Jahren kontaktiert, um mir ein Drehbuch zukommen zu lassen, über einen Film den sie plante, in dem die Hauptperson - IVO - eine Palliativschwester war. Das Thema Suizidwunsch war brisant, ich habe es in meinem Team dargestellt und wir haben uns entschlossen das Projekt zu unterstützen. So kam es, dass die Recherche von Eva und die Entstehung des Filmes durch ein SAPV - Team begleitet wurde. Mein ganzes Team hat dann auch die Darsteller unterstützt - die sind mitgefahren mit unseren Ärzten:Innen und Pfleger:innen - wurden beraten von einem Kollegen bei den Dreharbeiten für die Szenen in welchen medizinische Handlungen stattfanden. Das gibt diesem Film eine tief dokumentarische Note, die in die Fiktion eingebettet wird.
Als Eva Trobisch und Adrian mich fragten, ob ich den ärztlichen Leiter von IVO darstellen würde habe ich unter einer Bedingung zugesagt: Ich musste keinen Text lernen und würde im Film mit den Schauspielerkolleg:innen und den Patienten (die alle von professionellen Schauspielern gespielt wurden) so sprechen wie ich es in der Realität mit meinen Patienten und Kollegen es auch tue. So ist es auch geschehen und ich wurde ein Laiendarsteller! Aber das Ergebnis ist sehenswert. Unser Leben, als Helfer der Menschen auf ihrem letzten Weg wird in diesem Film so realitätsgetreu dargestellt, als ob wir, die professionellen Palliativkräfte von einem Kameramann begleitet wurden in unserem alltäglichen Dasein."
Dr. Johann-Severin Campean war Schmerzmediziner mit eigener Praxis in Velbert, Wülfrath und Ratingen bevor er 2009 die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) im Kreis Mettmann zusammen mit anderen Kollegen/Innen gründete, deren langjähriger Geschäftsführer und ärztlicher Leiter er bis zu seinem Ruhestand im Juli 2023 gewesen ist.
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